IOSS und OSS im E-Commerce: Bist Du Onlinehändler und möchtest auch 2024 noch sorglos Deine Produkte ins Ausland verkaufen? Dann ist dieser Blog eine Pflichtlektüre! Keine Angst, wir halten uns kurz …
Cross Border E-Commerce erlebt einen anhaltenden Boom und wächst deshalb ausserordentlich stark. Noch nie war es so einfach, Konsumenten und Konsumentinnen auf der anderen Seite der Grenze zu erreichen und zu beliefern.
Aber: Internationaler E-Commerce betrifft nicht nur IT, Logistik und Marketing, sondern auch Themen, die weniger sexy sind. Wie zum Beispiel Steuern. Doch was sein muss, muss sein. Wir helfen Dir dabei und stellen die beiden neuen Systeme IOSS und OSS vor. IOSS steht übrigens für Import One Stop Shop und OSS für One Stop Shop.
Voraussichtlich gibt es seit dem 1. Juli 2021 eine grosse Umstellung im Mehrwertsteuer-Bereich. Sie betrifft B2C-Versandhändler, die mit oder in der EU geschäften. Das so genannte VAT E-Commerce Package ist eine Neuerung des europäischen Mehrwertsteuer-Systems, mit dem Brüssel drei Hauptziele verfolgt:
Aber schön der Reihe nach! Als Erstes konzentrieren wir uns auf die heutige innereuropäische Mehrwertsteuer-Abrechnung – und darauf, wie Brüssel diese anpassen will.
Du planst den Export ins Ausland? Dann schaue bei unserem Blog über die Lokalisierung beim Cross Border E-Commerce vorbei. Wir sagen Dir, auf was es sich beim Export zu achten lohnt.
Hier ist eine Übersicht, wie die aktuelle Mehrwertsteuer-Abrechnung funktioniert:
Als Beispiel hier dient uns ein finnischer E-Commerce-Händler. Er verkauft seine Produkte an Privatkundinnen und -kunden, die in anderen Ländern in Europa wohnen.
Heute profitiert der finnische Händler von verschiedenen länderspezifischen Umsatzschwellen, die zwischen 35‘000 und 100‘000 € liegen. Das bedeutet: Solange sich die länderspezifischen Umsätze in diesem Range bewegen, kann der finnische Händler die finnische Mehrwertsteuer verrechnen.
Sobald aber zum Beispiel sein Umsatz in Deutschland über 100'000 € steigt, muss sich der Onlinehändler aus Finnland in Deutschland registrieren und monatlich die deutsche Umsatzsteuer über die deutsche Steuerbehörde abrechnen. Dieses Beispiel gilt natürlich für jedes EU-Land.
Die EU schätzt, dass eine solche Registrierung ein EU-Unternehmen im Durchschnitt 8000 € kostet. Das findet die EU zu hoch, weil dieser Betrag ganz klar eine Bremse für den innereuropäischen Cross Border E-Commerce darstellt. Deshalb musste eine neue und einfachere Lösung her!
Seit dem 1. Juli 2021 wurde OSS eingeführt. OSS heisst One Stop Shop. Doch was bedeutet das nun für unseren finnischen Onlinehändler?
Seit dem 1. Juli 2021 wurden die damaligen länderspezifischen Umsatzschwellen abgeschafft. Eine neue europaweite Umsatzschwelle von 10‘000 € wurde eingeführt.
Für den finnischen E-Commerce-Händler bedeutet OSS, dass er bis zum Auslandumsatz von 10'000 € seine finnische Mehrwertsteuer verrechnen kann. Wenn sein Auslandumsatz – Achtung: nicht pro Land, sondern in der gesamten EU! – diesen Betrag übersteigt, muss er den Mehrwertsteuer-Satz des Ziellandes in Rechnung stellen.
Für seinen Webshop bedeutet das, dass er den Mehrwertsteuer-Satz des Ziellandes ausweisen und abrechnen muss. Moderne Shopsysteme können dies übrigens problemlos umsetzen.
Einmal monatlich überweist der finnische Händler schliesslich die gesammelten ausländischen Mehrwertsteuer-Beträge der finnischen Steuerbehörde mithilfe des One-Stop-Shop-Portals. Dieses OSS-Portal wird voraussichtlich ein Webservice sein, auf den der Händler mittels Login zugreifen kann. Anschliessend verteilt die finnische Steuerbehörde die Beträge an die jeweiligen EU-Länder, in denen die Endkonsumentinnen und -konsumenten wohnen.
Der grosse Vorteil des OSS-Systems ist, dass sich der finnische Händler nun nicht mehr in sämtlichen EU-Ländern registrieren muss. Eine einzige OSS-Anmeldung genügt, um den jeweiligen ausländischen Mehrwertsteuer-Satz abzubilden und abzurechnen.
Hinweis: Das OSS (One Stop Shop) kann nicht für die inländische Mehrwertsteuer-Abrechnung verwendet werden!
Das OSS-System ist für EU-Händler also eine sehr effiziente Lösung, die den grenzüberschreitenden E-Commerce stark vereinfachen und auch stärken wird.
Doch was bedeutet das System für Schweizer Händler, die in die EU versenden?
Die EU bietet seit dem 1. Juli 2021 auch eine Mehrwertsteuer-Lösung für Nicht-EU-Händler, die ihre Produkte an Kundinnen und Kunden in der EU verkaufen. Sie heisst IOSS. Dieses Kürzel steht für Import One Stop Shop. Es dient wie das OSS zur einfachen Abrechnung der Mehrwertsteuer-Einnahmen. Die Nutzung des IOSS ist allerdings freiwillig.
Und so funktioniert IOSS: Als Erstes muss sich ein Schweizer Händler dafür registrieren. Diese Registrierung kann er allerdings nicht selbst vornehmen, dafür benötigt er einen im MSI (Member State of Identification) ansässigen Vermittler – eine Art Fiskalvertreter. Dieser wird den Schweizer Händler beim Import One Stop Shop registrieren und für die monatliche europäische Mehrwertsteuer-Abrechnung und -Bezahlung zuständig sein.
Wie der EU-Händler auch, wird der Schweizer Onlinehändler die jeweiligen Mehrwertsteuer-Sätze des Ziellandes in seinem Webshop kommunizieren müssen. Für Warensendungen nach Deutschland also die deutsche Mehrwertsteuer, für Frankreich die französische etc.
Schweizer Onlinehändler melden und überweisen die verschiedenen Mehrwertsteuer-Beträge allerdings nicht monatlich der Schweizer Steuerbehörde, sondern derjenigen des MSI.
Der Schweizer Händler meldet seinem EU-Vermittler monatlich also die gesamten EU-Mehrwertsteuer-Beträge. Dieser stellt darauf sicher, dass die Mehrwertsteuer-Abrechnung sowie -Zahlung ausgeführt werden.
Möchtest Du Deine Ware ins Ausland versenden? Dann könnte Dich unser Artikel über den grenzüberschreitenden Onlinehandel interessieren.
Einen markanten Unterschied zum OSS (One Stop Shop) gibt es zudem: Der Schweizer Händler wird mit IOSS (Import One Stop Shop) nicht von der 10‘000-€-Umsatzschwelle profitieren können. Sondern er wird ab dem ersten Umsatz-Euro die jeweiligen länderspezifischen Mehrwertsteuer-Sätze in seinem Webshop abbilden und kommunizieren müssen.
Ein weiterer wichtiger Unterschied des Import One Stop Shop ist zu erwähnen: Im Gegensatz zu OSS gilt die 150-€-Warenwertgrenze. Der Schweizer Händler kann lediglich Sendungen mit einem intrinsischen Warenwert (also der Warenwert ohne Mehrwertsteuer und Transportkosten, diese müssen separat ausgewiesen werden) von max. 150 € im IOSS anmelden und damit verschicken. Sendungen, die diesen Wert übersteigen, dürfen nicht via Import One Stop Shop verschickt werden, sie brauchen eine andere Lösung. Die Grundlage für die Warenwertgrenze ist der Check-out-Warenwert der Bestellung.
IOSS ist demnach für Händler, die Waren unter 150 € verschicken, eine optimale Lösung. Eine simple Registrierung für den Import One Stop Shop reicht aus, und sie können in jedes Land der EU per Post Waren versenden, ohne dass die Kundinnen und Kunden bei Erhalt noch Zölle und Steuern bezahlen müssen. Diese shoppen also ohne böse Überraschungen. Ausnahmen kann es aber in Ländern wie Spanien, Irland oder Malta geben, hier wird voraussichtlich bei der Zustellung nach wie vor eine Verzollungsgebühr beim Empfänger verlangt.