Brexit Auswirkungen für
E-Commerce Händler und
-Händlerinnen

Seit dem 1.1.2021 haben wir die BREXIT-Situation verfolgt, vieles war unklar, und immer wieder die Frage, kommt der Brexit, wird es ein harter Brexit und was bedeutet dies? Heute hat sich nun alles mehr oder weniger eingependelt.
Claudia Patocchi  |  26.11.2024  |  Lesedauer 7 Min
Auf dem Bild ist eine EU-Flagge zu sehen.
Inhaltsverzeichnis

Auf den 01.01.2021 wurde der Brexit tatsächlich vollzogen, nach 47 Jahren Zugehörigkeit zur EU hat das Vereinigte Königreich nun den EU-Binnenmarkt sowie die europäische Zollunion verlassen. Der Premierminister Boris Johnson sprach von einem «grossartigen Moment» für das Land.


Was ist passiert?

Im Herbst 2020 war noch nicht klar, ob das Vereinigte Königreich die EU in Form eines Hard Brexit verlässt oder ob auf den letzten Drücker doch noch eine Einigung erzielt werden kann in der Form eines Abkommens, das die gemeinsamen Beziehungen auch nach dem Brexit regelt. Nach monatelangen Verhandlungen und mehreren versäumten Fristen haben sich die Parteien dann doch am 24.12.2020 in letzter Minute auf ein Abkommen einigen können. 

Danach ging alles sehr schnell aufseiten der Inselbewohner, das britische Parlament winkte das Ratifizierungsgesetz kurz vor Jahreswechsel innerhalb weniger Stunden durch und auch die Queen stimmte dem Gesetz zu. Das Vertragswerk wurde pünktlich zu Silvester offiziell im Gesetzesblatt der EU veröffentlicht und damit war der Hard Brexit, ein No-Deal, Geschichte. 


Wie tangiert der Brexit den Cross Border E-Commerce?

Das verhandelte Abkommen regelt die Handelsbeziehungen zwischen der EU und UK. Das Austrittsabkommen ist jedoch nicht tangiert, vielmehr geht es um die Handels- und Partnerschaftsabkommen. Und bei den Handelsabkommen, also den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich, für den Warenverkehr schwerpunktmässig um Themen der Umsatzsteuer und des Zollrechtes. 

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass im Warenhandel auch künftig – für bestimmte Waren- keine Zölle und Mengenbeschränkungen gelten. Gleichzeitig bleibt UK aber aus Sicht der EU ein Drittland, wie die Schweiz auch.

Hier die wesentlichen Aspekte des Abkommens für den Warenverkehr:

Umsatzsteuerliche Auswirkungen

Das ratifizierte Abkommen lässt die Regelungen des Austrittsabkommens mit Blick auf die Umsatzsteuer unberührt. Das Vereinigte Königreich ist für die EU-Mitgliedschaften steuerrechtlich ein Drittland. 

Zollrechtliche Auswirkungen

Auch mit dem Freihandelsabkommen bleiben die Zollgrenzen zwischen der EU und UK bestehen. Das heisst, die Waren müssen beim Grenzübertritt zollrechtlich abgefertigt werden, es sind Einfuhr- und Ausfuhranmeldungen abzugeben und der Warenverkehr wird kontrolliert.

Hingegen sieht das Handelsabkommen vor, dass Einfuhrzölle für Waren, die die Ursprungsregeln erfüllen, keine Einfuhrzölle anfallen sollen.

Somit sind Waren mit präferenziellem Ursprung in der EU in UK bei der Einfuhr zollbefreit und umgekehrt auch. Hierbei ist aber die entsprechende Definition des Warenursprungs genau zu prüfen, einzuhalten und nachzuweisen. Fehlverhalten kann geahndet werden mit Bussgeldern oder einem Strafverfahren. Dies bedeutet für die Unternehmen, dass sie bei Inanspruchnahme des Präferenzrechtes, dies genau kennen müssen und den Aufwand gegen die Ersparnis abwägen.


Die Brexit-Änderungen für den internationalen Onlinehandel im Überblick

Hier nochmals eine Übersicht, was Onlinehändler:innen seit dem 01.01.2021 beachten müssen, um ihre Kund:innen im Vereinigten Königreich zu bedienen: 

  • Bei den Low-Value-Sendungen (also solchen mit einem geringen Warenwert, bisher unter GBP 15.–) ist die bisherige Mehrwertsteuer-Befreiung weggefallen. Das bedeutet, dass Warensendungen jeglicher Art (Verkauf, Muster, usw.) ab dem ersten Pence Mehrwertsteuerabgabepflichtig werden.
  • Für Handelswaren an Privatkunden BtoC im Wert von GBP 0.– bis GBP 135.– gilt ein neues Mehrwertsteuersystem. Der Verkäufer oder die Verkaufsplattform ist für die Begleichung der Mehrwertsteuer verantwortlich. Die anfallende Mehrwertsteuer muss direkt an das HMRC (His Majesty's Revenue and Customs), also an die Regierungsbehörde resp. die britische Steuerbehörde bezahlt werden. Der Vorteil ist, dass die Sendung dann auf den Absender verzollt ist (DDP, Delivery Duty paid) und der Empfänger muss keine Einfuhrabgaben zahlen, was ein sehr angehmens Einkaufserlebnis beim Käufer darstellt. Eine Mehrwertsteuer Registrierung in UK ist für Dich als E-Commerce Händler:in Pflicht. Hier geht es zur Registrierung.
  • Für Sendungen mit einem Warenwert über GBP 135.– fallen Zollabgaben und die MwSt an. Hier kann man als Händler:in zwischen zwei Varianten wählen – DDP oder DAP.
    1. DDP (Delivered Duty Paid): Du bist in UK Mehrwertsteuer-registriert und lieferst MwSt in UK ab. Die Kosten dafür verrechnest Du Deinen Kund:innen beim Verkauf der Produkte.
    2. DAP (Delivery at Place): Deine Kund:innen bezahlen bei Erhalt ihrer Bestellung die MwSt, Handlingsgebühr (Verzollungsgebühr) und evtl. Zollabgaben.

Typ Waren ohne Korrespondenz
De-minimis-Level
GBP 0.–
Wer bezahlt die Steuern?
< GBP 135.–: Verkäufer:in oder Verkaufsplattform

> GBP 135 oder verbrauchsteuerpflichtige Waren jeden Wertes:
Empfänger:in bei DAP, es sei denn, DDP Option ist verfügbar.

Mehrwertsteuer Rate
20%
Gebühr, wenn Empfänger:innen die Steuern bezahlen
Royal Mail GBP 8.– / Parcelforce GBP 12.– oder GBP 25.– bei über GBP 873.– / GLS GBP 15.– oder GBP 33.– bei über GBP 135.– / Fedex*

* Preise Fedex sind hier ersichtlich.


Wie sieht das E-Commerce Versandvolumen nach Grossbritannien nun effektiv aus?

Vor dem Brexit stammten ca. 69% der Pakete in Grossbritannien aus Online-Einkäufen im Inland; 8,6% der Pakete stammten aus EU-Ländern und ca. 9% aus weiteren Nicht-EU-Ländern. In der ersten Jahreshälfte des 2021, nach dem Brexit-Deal, ist die Zahl der inländischen Einkäufe um 30% gestiegen. Die Warensendungen aus der EU erlitten hingegen einen Rückgang von ca. 55% und jene aus Nicht-EU Ländern sanken um ca. 35%. Dieser Trend, lokal einzukaufen, wurde bereits im Jahr 2020 durch die Corona-Pandemie forciert, erhielt jedoch wie die Entwicklung zeigt, einen weiteren Schub aufgrund des Brexits. 

Der Versand nach Grossbritannien sowie aus Grossbritannien in die EU ist komplexer geworden. Trotz Freihandelsabkommen ist der Handel zwischen der EU und Grossbritannien noch von zahlreichen Problemen begleitet und es braucht Zeit, bis sich die Beteiligten mit den neuen Regeln auskennen und diese effektiv angewendet werden können. Strengere Kontrolle, neue Zollprozesse im Im- und Export, zusätzliche Dokumente führen gerade an der Grenze beim Warenversand zu Verzögerungen, weil teilweise Unklarheit darüber herrscht, welche Papiere nun beim Versand benötigt werden.

Zudem sind die zwingend notwendige Implementierung des neuen Mehrwertsteuersystems für Warensendungen bis GBP 135.– für den Import nach UK sowie das neu zu organisierende Retourenmanagement weitere Stolpersteine. 

Für Onlinehändler, die bisher ihre Pakete nach Grossbritannien verschickt oder Waren von dort importiert haben, hat sich durch den Brexit einiges verändert. Es wird sicherlich noch etwas dauern, bis sich der Handel zwischen Grossbritannien und der EU wieder eingespielt hat.

Was bereits gesagt werden kann ist, dass der Versand nach UK und von UK in die EU eingebrochen ist. Gerade von Händler:innen mit den sogenannten low Value Gütern, die sich neu in UK registrieren müssen und die MwSt. abführen müssen, wird dieser Aufwand gescheut, wie auch die elektronische Erfassung aller Sendungsdaten. Wir erinnern uns, bis GBP 135.– ist der Verkäufer der Ware verpflichtet, sich in UK zu registrieren und die MwSt. an das HMRC abzuführen. 

Aber auch britische Konsumenten, die im Ausland einkaufen, müssen neu mit zusätzlichen Kosten rechnen, Verzollungsgebühren oder auch die MwSt. für Warensendungen über GBP 15.– Warenwert. Ebenso verlängern sich die Zustellzeiten durch die Zollabfertigungen, Prüfungen usw. für sie.


Grossbritannien birgt grosses Wachstumspotenzial im E-Commerce – Wie geht es weiter?

Nach wie vor bleibt der britische E-Commerce Markt der grösste in Europa, noch vor Deutschland. Rund die Hälfte der britischen Onlinehändler kaufen grenzüberschreitend ein, der Grossteil der Sendungen kommt aus den USA oder auch China aber immerhin 9% der versandten Produkte stammen aus Deutschland. Durchschnittlich gibt ein britischer Onlinekäufer hierbei EUR 1780 pro Jahr aus.

Es wird prognostiziert, dass britische Verbraucher, die Waren von ausländischen Einzelhändlern kaufen, im Jahr 2021 um 7,3% sinken werden.

Aus Kreisen der britischen Post ist zu vernehmen, dass das neue MwSt-System einfach anzuwenden sei und auch keine Änderungen zeitnah zu erwarten seien. 

Aber auch sie sehen, dass die Volumen durch den Brexit und das neue Steuerregiment tangiert wurden und gerade die low value Sendungen reduziert sind. Ebenso der Aufwand aufgrund der Datenanforderungen hat sich negativ ausgewirkt und zu Kunden- und Volumenverlusten geführt.


Eine einfache Lösung für den E-Commerce muss her!

Wer an dem Wachstumsmarkt Grossbritannien als EU-Händler:innen oder Schweizer Onlinehändler:innen partizipieren möchte oder auch die britische Kundschaft nicht verärgern oder verlieren möchte, muss sich diesen neuen Gegebenheiten stellen. Es gibt verschiedene Lösungen – die für Dich passende ist auch dabei!

Verschickst Du hauptsächlich Pakete mit einem Warenwert unter GBP 135.–? Dann ist die neue Mehrwertsteuer-Lösung für Sendungen bis zu diesem Warenwert attraktiv. Denn sie erlaubt Dir, Deine britischen Kundinnen und Kunden wie gewohnt zuvorkommend zu beliefern.


Wie können sich Schweizer Onlinehändlerinnen und -händler konkret diese vereinfachte Verzollungs- und Mehrwertsteuer-Lösung nutzen?

Für Sendungen bis zu GBP 135.– kann sich der Onlineshop selbst oder seine Selling-Plattform in Grossbritannien registrieren und eine britische Mehrwertsteuernummer und EORI-Nummer beantragen. Danach können die Sendungen entweder per Postkanal mit Kleinwaren bis 2 kg oder PostPac Internatioanl oder mittels Swiss Post GLS oder URGENT Business Kurier mit den entsprechenden elektronisch erstelleten Versandlabels und Dokumenten via unseren Onlinediensten verschickt werden. Link Warenversand: Waren ins Ausland senden.

Die UK-Mehrwertsteuernummer und die UK EORI Nummer können in den Onlinediensten hinterlegt werden, damit eine korrekte Verzollung auf die Mehrwertsteuernummer gewährleistet ist. Die Sendungen werden von der Schweizerischen Post oder unseren Partnern nach Grossbritannien transportiert, passieren dort den Zoll und dieser führt den Abgleich zwischen dem Absender und einer vorhandenen UK-Mehrwertsteuernummer oder EORI-Nummer durch. Sendungen bis GBP 135.– von Absendern mit einer UK EORI-Nummer passieren den Zoll abgabenfrei und werden direkt der Zustellung übergeben.

Der Versandhändler oder die Plattform rapportieren monatlich oder quartalsweise die entsprechenden Mehrwertsteuer-Abgaben an das HMRC und bezahlen diese direkt. Der Empfänger, die Empfängerin erhält die Sendung ohne Laufzeitverzögerung oder zusätzlichen Gebühren. So steigerst Du das Einkaufserlebnis und die Zufriedenheit Deiner Kundinnen und Kunden!


Einschränkungen der vereinfachten Zoll- und Mehrwertsteuer-Lösung für den Onlinehandel

Diese Lösung gilt nur für Sendungen bis zu einem Maximalwert von GBP 135.–. Aber Achtung: Sie gilt nicht für Pakete, die verbrauchsteuerpflichtige Produkte enthalten!

Solche Produkte sind beispielsweise Tabak, Zigaretten, Medikamente und Alkohol. Solche Sendungen werden unabhängig von ihrem Wert der Verbrauchssteuer unterzogen. Die Zollkontrollen stellen die entsprechende Rechnung dem Empfänger, der Empfängerin.


Nächste Schritte für Deinen E-Commerce Betrieb?

Wir unterstützen Dich dabei und helfen Dir mit weiteren Informationen zum Registrierungsprozess und natürlich mit weiteren wertvollen Tipps und Tricks.

 

Weitere Informationen findest Du hier: Brexit: Warensendungen nach Grossbritannien.



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